200.000 Tote: Erinnern und Handeln für Dresden
Eine Menschenkette zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens vor 65 Jahren – Honorationen aus aller Welt gedenken – Oberbürgermeisterin Helma Orosz: „Bekenntnis für Demokratie, Frieden, Freiheit und Menschenrechte“ – Gewalt und Fremden-Feindlichkeit haben in Dresden keinen Platz – Dresdner Verkehrs-Betriebe zeigen „Weiße Rose“ – ver.di will Nazis und Geschichts-Verfälschung blockieren
Von Andreas Klamm Sabaot, Journalist und Nachrichten-Korrespondent
Unsere Infografik zeigt unter anderem auch die Journalistin Ulrike Marie Meinhof und einen Aufruf des Bündnisses „Dresden Nazi-frei“. Infografik: Andreas Klamm Sabaot
Dresden. 11. Februar 2010. Vor 65 Jahren lag die Stadt und heutige Landeshaupt-Stadt Dresden in Schutt und Asche. Die Journalistin Ulrike Marie Meinhof schrieb dazu in der Ausgabe „konkret, No. 3“ im Jahr 1965: „Vor zwanzig Jahren, am 13. und 14. Februar 1945, in der Nacht von Fastnachtdienstag auf Aschermittwoch, ist der größte Luftangriff der alliierten Bomberkommandos im Zweiten Weltkrieg auf eine deutsche Stadt geflogen worden: Der Angriff auf Dresden. Dreimal innerhalb von 14 Stunden wurde die Stadt bombardiert. Von 22 Uhr 13 bis 22 Uhr 21 dauerte der erste Schlag. Als die englischen Bomber abflogen, hinterließen sie ein Flammenmeer, das über 80 Kilometer weit den Himmel glühend machte. Der zweite Schlag erfolgte von 1 Uhr 30 bis 1 Uhr 50. Die abfliegenden Bomber haben die Feuer von Dresden über 300 Kilometer weit beobachten können. Den dritten Angriff flog ein amerikanisches Bombengeschwader am nächsten Vormittag zwischen 12 Uhr 12 und 12 Uhr 23. Über 200 000 Menschen sind in den Flammen von Dresden umgekommen.
Der Engländer David Irving schreibt in seinem Buch „Der Untergang Dresdens“: „Zum ersten Mal in der Geschichte des Krieges hatte ein Luftangriff ein Ziel so verheerend zerstört, daß es nicht genügend unverletzte Überlebende gab, um die Toten zu begraben.“
Ohne Zweifel das Gedenken an die Opfer des von Deutschland ausgegangenen nationalsozialistischen Terrors, der Opfer des Holocaust, rund 6 Millionen Menschen starben, doch auch das Gedenken an die Opfer von Dresden mit etwas über 200.000 toten Männern, Kinder und Frauen ist wichtig. Ein solcher Gedenk-Tag darf ganz ohne Zweifel nicht für Macht-politische Interessen, seien es rechte und oder linke Extreme missbraucht werden. Wie bereits die Oberbürgermeisterin von Dresden, Helma Orosz, erklärte, der Gedenk-Tag sollte auch eine Mahnung und ein Appell sein für Frieden, Demokratie, Freiheit und Menschenrechte.
Aktion Menschenkette 2010
Die Aktion der Menschenkette zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens vor 65 Jahren wird am 13. Februar um 13 Uhr an der Goldenen Pforte des Dresdner Rathauses von etwa 120 Posaunisten eröffnet, die zuvor das von allen Dresdner Kirchen gemeinsam initiierte Stationen-Friedensgebet begleiten, welches ab 11:30 Uhr vom Postplatz über den Theaterplatz und die Synagoge zum Rathaus die Dresdner Innenstadt durchzieht.
Zum Auftakt der Menschenkette wird um 13:05 Uhr die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz an der Goldenen Pforte des Dresdner Rathauses sprechen. Im Anschluss wird Professor Hermann Kokenge, Rektor der TU Dresden und Versammlungsleiter der Aktion Menschenkette, die Anwesenden über den genauen Verlauf informieren. Um 13:20 Uhr beginnen Ordner mit der Einteilung der Anwesenden in die Menschenkette, welche durch den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und Oberbürgermeisterin Helma Orosz in Richtung Altmarkt eröffnet wird.
Der mit Rosen markierte Weg der Kette verläuft vom Altmarkt über die Seestraße, den Dr.-Külz-Ring und die St. Petersburger Straße bis zur Synagoge. Auf diesen Straßen werden einzelne Fahrspuren für die Menschenkette gesperrt. Entlang der Menschenkette sind mobile Tee-Einheiten unterwegs.
Zur Gedenk-Feier und der Menschenkette in Dresden werden zahlreiche Prominente aus aller Welt erwartet. Neben Landesbischof Jochen Bohl, Bischof Joachim Reinelt, Dr. Nora Goldenbogen (Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Dresden), Dr. Johannes Kimme (Präsident der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsen) und dem russisch-orthodoxen Erzpriester Dr. Georgi Dawidow auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler. Die Generalkonsulin der USA, Katherine Bruckner, und der ungarische Honorarkonsul Frank Müller-Eberstein, die DGB-Landesvorsitzende Iris Kloppich, Stephan Kramer, Generalsekretär vom Zentralrat der Juden, Innenstaatsminister Markus Ulbig, Dr. Alan Russell (Dresden Trust), Dr. Herbert Wagner (Oberbürgermeister a.D.) sowie zahlreiche Abgeordnete des Bundestages und des Sächsischen Landtags haben ihr Kommen zugesagt. Fast vollständig vertreten sein werden auch die Dresdner Bürgermeister sowie die Dresdner Stadtrats-Fraktionen von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Bürgerbündnis / Freie Bürger.
Helma Orosz, Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Dresden sagte: „Zum ersten Mal ist es uns in diesem Jahr gelungen, ein breites und starkes Bündnis von Dresdner Organisationen und Institutionen zusammenzuschließen, um gemeinsam in würdiger Weise am 13. Februar an die Zerstörung unserer Stadt, den Tod zehntausender Menschen und das Leid der Überlebenden, aber zugleich auch an das Verbrechen des von Deutschland ausgegangenen Krieges zu erinnern.
Unter dem Motto „Erinnern und Handeln. Für mein Dresden“ soll die Menschenkette den gemeinsamen Willen der Dresdnerinnen und Dresdner ausdrücken, ihr Erinnern mit dem Bekenntnis zu Frieden, Demokratie und Menschenrechten zu verbinden. Wie ein symbolischer Schutzwall soll sie die Dresdner Innenstadt umschließen und als Symbol friedlichen Erinnerns und Mahnens wie auch als ein klares und starkes Zeichen gegen die Vereinnahmung dieses Gedenkens durch Rechtsextreme wirken. Von Dresden soll am 13. Februar ein Zeichen für Frieden und Menschlichkeit ausgehen. Gewalt und Fremdenfeindlichkeit dürfen in unserer Stadt keinen Platz haben!“
Professor Hermann Kokenge, Rektor der TU Dresden und Versammlungsleiter der Menschenkette ergänzte: “Am 13. Februar erinnern wir an die Zerstörung des Stadtzentrums durch alliierte Luftangriffe, an den Tod mehrerer Zehntausend Menschen und das Leid der Überlebenden. Dabei dürfen wir aber auch nicht vergessen, was eigentlich zu dem Bombenangriff auf Dresden geführt hat: Der Nationalsozialismus und der von Deutschland begonnene Weltkrieg.
Rechtsextreme versuchen Gedenk-Tag zu missbrauchen
Immer wieder versuchen Rechtsextremisten, den 13. Februar für ihre eigenen Ziele zu missbrauchen. Dies dürfen wir nicht tatenlos hinnehmen! Wir alle müssen darauf bedacht sein, diesem Gedenktag einen würdigen Rahmen zu geben und so weltweit sichtbar ein Zeichen zu setzen.
Die Menschenkette am 13. Februar bietet jedem Einzelnen die Möglichkeit, ein Zeichen für ein weltoffenes und tolerantes Dresden zu setzen. Als Rektor der TU Dresden habe ich deshalb sehr gern die Anmeldung der gesamten Veranstaltung am 13. Februar übernommen und hoffe, dass unabhängig von allen parteipolitischen Interessen und Strömungen alle demokratischen Interessengruppen am gleichen Strang ziehen und dem Aufruf zur Teilnahme an der Menschenkette am 13. Februar 2010 folgen werden. ”
„Weiße Rose“: Dresdner Verkehrs-Betriebe sind gut vorbereitet
Die Dresdner Verkehrsbetriebe sind, basierend auf den Erfahrungen des vergangenen Jahres, in diesem Jahr bestens auf die besondere Verkehrssituation vorbereitet. Neben dem Standardlinien-Angebot, das im Tagesverlauf ohne größere Einschränkungen weiter in der gesamten Stadt verkehren soll, sind zahlreiche Sonderlinien eingerichtet, die zwischen 11 und 19 Uhr zwischen den verschiedenen Stadtteilen und dem Innenstadtbereich verkehren. Die Dresdner Verkehrsbetriebe unterstützen das friedliche Gedenken an die Opfer der Bombardierung zudem durch die Initiative „Weiße Rose“. Dazu führen alle Busse und Bahnen einen extra entworfenen Aufkleber an der Fahrzeugfront.
Der Verkehr auf dem Dr.-Külz-Ring und der St.-Petersburger-Straße wird geschwindigkeitsbegrenzt (30km/h) weitergeführt, um die Zugänglichkeit der Stadt zu sichern. Die vier Punkte, an denen die Menschenkette den öffentlichen Nahverkehr kreuzt (Dr.-Külz-Ring/Schulgasse, Dr.-Külz-Ring/St. Petersburger Straße, St. Petersburger Straße/Kreuzung Pirnaischer Platz und St. Petersburger Straße/Kreuzung Rathenau-Platz) werden bis 14:15 Uhr durch Ordner für den Straßenbahnverkehr freigehalten.
Um 14:15 Uhr wird die Menschenkette für zehn Minuten auch an diesen vier Kreuzungspunkten geschlossen. Das Geläut aller Kirchen der Dresdner Innenstadt verkündet die Schließung der Menschenkette. Um 14:25 Uhr werden die Kreuzungspunkte wieder für den Verkehr geöffnet.
Polizei von Dresden informiert
Die Polizei von Dresden ist auf den Polizei-Einsatz am 13. Februar 2010 gut vorbereitet und informiert seit rund einer Woche mit einem Infomobil zum Gedenk-Tag und Friedens-Gebet in Dresden. Nachdem das Infomobil zunächst am Dr.-Külz-Ring stand, befindet es sich nunmehr am Altmarkt.
Bis zu drei Mitarbeiter der Dresdner Polizei beantworten Bürgerfragen anlässlich der zahlreichen Veranstaltung im Zusammenhang mit dem 65. Jahrestag der Zerstörung Dresdens.
Das Infomobil wird noch bis Freitag von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr den Bürgern, Gewerbetreibenden und Touristen als direkter Anlaufpunkt zur Verfügung stehen.
Das von der Polizeidirektion Dresden ebenfalls eingerichtet Kontakttelefon stößt auf reges Interesse. Mehr als 75 Bürger informierten sich insbesondere zu den möglichen Verkehrsbeeinträchtigungen.
An einem Kontakt-Telefon, (0351) 483-3000, stehen die Polizei-Beamten und Polizei-Beamtinnen für die Fragen der Bürger und Bürgerinnen zur Verfügung.
Ver.di: Sorge vor Missbrauch durch Nazis
Bei der Gewerkschaft ver.di wächst unterdessen die Sorge darüber, dass Neo-Nazis aus ganz Europa planen, zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens durch die Innenstadt der sächsischen Landeshauptstadt zu marschieren. Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, anderen politischen Organisationen sowie Künstlern will einen solchen Aufmarsch von Neo-Nazis am 13. Februar verhindern.
Das Mittel der Wahl sollen dabei friedliche Sitz-Blockaden sein. Man versuche präventiv gegen Gewalt und Ausschreitungen zu wirken.
“Neo-Nazis sind nicht nur ein regionales Problem”, betont der stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Frank Werneke, “hier geht es um Geschichts-Verfälschung und menschenverachtende Propaganda – das geht uns alle etwas an.”
ver.di werde sich dem Neo-Nazi-Aufmarsch friedlich, aber entschlossen entgegenstellen.
Das Motto der Gewerkschaftsaktion laute: “Kein Fußbreit den Faschisten.” Mit Blick auf den 13. Februar forderte der ver.di-Vize “die Dresdener Ordnungs-Behörden und die Polizei-Einsatzleitung dazu auf, darauf hinzuwirken, eine Eskalation rund um die friedlichen Blockaden zu verhindern.”
Quellen:
Stadt Dresden, Presse- und Informationsamt
Kommunisten Online, www.kommunisten-online.de
Polizei der Stadt Dresden
ver.di, Berlin, www.verdi.de
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